Erfolgreicher Start unter erschwerten Bedingungen
Noch in Kriegszeiten geplant, nimmt das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung 1921 seine Arbeit auf. Zunächst in Neubabelsberg bei Potsdam und ab 1923 in Berlin-Dahlem entwickelt sich das Institut schnell zur international renommierten Forschungseinrichtung für Nichteisenmetalle. Finanzielle Schwierigkeiten in der Weltwirtschaftskrise führen 1933 zur Schließung des Berliner Standorts.
Chronik
1921: Eröffnung des Instituts in Neubabelsberg
1923: Umzug nach Berlin-Dahlem
1924: Einrichtung einer röntgenografischen Abteilung
1930: Einrichtung einer physikalischen Abteilung
1933: Schließung des Instituts in Berlin
Chronik
1921: Eröffnung des Instituts in Neubabelsberg
1923: Umzug nach Berlin-Dahlem
1924: Einrichtung einer röntgenografischen Abteilung
1930: Einrichtung einer physikalischen Abteilung
1933: Schließung des Instituts in Berlin
Gründung in schweren Zeiten
Zur feierlichen Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Metallforschung am 5. Dezember 1921 kommt der Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), Adolf von Harnack, persönlich nach Neubabelsberg. Das Institut steht schon früh auf der Wunschliste der 1911 gegründeten Gesellschaft. Doch erst der Bedarf an Roh- und Ersatzstoffen für die Rüstungsproduktion während des Ersten Weltkriegs führt zu konkreten Planungen. Nach der Gründung des Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) für Eisenforschung in Düsseldorf 1917 drängen einflussreiche Vertreter der Industrie, des Militärs und der KWG darauf, ein Schwesterinstitut für Nichteisenmetalle einzurichten. Vor allem der Industrielle Alfred Merton, Aufsichtsratsvorsitzender der Frankfurter Metallgesellschaft AG, und der führende deutsche Metallforscher Emil Heyn setzen sich für das Projekt ein.
Zehn Tage vor dem Ende des Ersten Weltkriegs schlägt die KWG am 1. November 1918 die Gründung eines KWI für Metallforschung vor. Die Industrie hat zu diesem Zeitpunkt bereits größere Geldsummen zugesagt. Frankfurt am Main will dem neuen Institut auf Betreiben Mertons ein städtisches Grundstück zur Verfügung stellen. Auch Breslau bewirbt sich als Standort. Das neue Institut soll die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wissenschaft und Wirtschaft auf dem Gebiet der Nichteisenmetalle sicherstellen.
Der erste Standort Neubabelsberg
Am Ende entscheidet sich die KWG für Neubabelsberg bei Potsdam, wo sie 1920 die gut ausgestattete Centralstelle für wissenschaftlich-technische Untersuchungen pachtet, eine nach dem Krieg geschlossene Forschungseinrichtung der Rüstungsindustrie. Am 10. Juni gründet die KWG einen Trägerverein, verabschiedet eine Satzung, wählt einen Verwaltungsausschuss und richtet einen wissenschaftlich-technischen Beirat ein. Mit dem Aufbau des Instituts betraut die Gesellschaft Emil Heyn, der am 1. Juli 1921 auch erster Institutsdirektor wird. Das KWI wird gemäß dem Harnack-Prinzip um einen herausragenden Wissenschaftler herum aufgebaut.
Heyn legt einen Forschungsschwerpunkt auf einheimische Rohstoffe. Sie sollen den Rohstoff- und Devisenmangel nach dem verlorenen Krieg ausgleichen. Das Institut verfügt über die Arbeitskreise Metallografie, Metallurgie und Analyse. Der geplante vierte Arbeitskreis für Röntgenografie wird nicht mehr realisiert, da Heyn plötzlich schwer erkrankt und Anfang März 1922 stirbt. Sein Tod hemmt die Entwicklung des Instituts, dessen finanzielle Grundlage zudem durch die Inflation gefährdet ist.
Aufschwung in Dahlem
Ein Wechsel nach Berlin-Dahlem im Sommer 1923 sichert den Bestand des KWI, das provisorisch auf dem Gelände des Staatlichen Materialprüfungsamtes unterkommt. Dessen Präsident Wichard von Moellendorf, Organisator der Rohstoffwirtschaft im Ersten Weltkrieg, übernimmt auch die Leitung des Instituts. Von den drei Arbeitskreisen bleibt nur der für Metallografie bestehen. Immerhin gelingt es im Sommer 1924, einen röntgenografischen Arbeitskreis einzurichten, dessen Leitung Ernst Schiebold übernimmt. Er und sein Nachfolger Georg Sachs tragen wesentlich zur Entwicklung der noch jungen Röntgenografie bei, die zu einem zentralen Instrument der Metallforschung wird.
Max Hansen baut ab 1925 den Bereich Metallografie zu dem deutschen Forschungszentrum für Zwei- und Dreistofflegierungen aus. Die Ergebnisse seiner Arbeit veröffentlicht er in einem über tausendseitigen Standardwerk, dem „Hansen“. Die Berufung von Erich Schmid als Leiter des 1928 eingerichteten physikalischen Laboratoriums macht das Institut für einige Jahre zu einer international führenden Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der Kristallplastizität. Schon damals beruht der Erfolg des Instituts auf interdisziplinärer Zusammenarbeit.
Nach einem Studium der Eisenhüttenkunde an der Bergakademie Freiberg arbeitet der Ingenieur Emil Heyn zunächst in der Montanindustrie, bevor er 1897 als Assistent von Adolf Martens an die Mechanisch-technische Versuchsanstalt Charlottenburg geht, dem späteren Staatlichen Materialprüfungsamt. 1901 übernimmt er eine Professur für mechanische Technologie an der Technischen Hochschule Berlin.
Zusammen mit Martens veröffentlicht er das grundlegende „Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau“. Von Anfang an richtet Heyn seine wissenschaftliche Arbeit an den praktischen Problemen der Industrie aus. Als erster Präsident der 1919 gegründeten Gesellschaft für Metallkunde und als Gründungsdirektor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Metallforschung vollendet er die Entwicklung der Metallkunde zu einer eigenständigen technikwissenschaftlichen Disziplin.
In der Krise
Obwohl die deutsche Metallwirtschaft 1925 zwei Drittel des Bruttoinlandprodukts ausmacht, bleibt die Ausstattung des Instituts bescheiden. Auch die Kontakte zur Reichswehr, die das Institut in die geheime Rüstungswirtschaft einbeziehen will, führen nicht zu einer Stabilisierung. Namhafte Wissenschaftler zu gewinnen oder zu halten wird immer schwieriger.
Nach dem Rückzug von Moellendorf 1929 intensiviert die KWG ihre Suche nach einem neuen Standort und einer gesicherten Finanzierung für das Institut. Die Lage spitzt sich zu, als die Unterstützung durch die Industrie auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise 1932 zusammenbricht. Anfang Januar 1933 beschließt die KWG, das KWI für Metallforschung in Dahlem zum 30. September zu schließen. Der größte Teil seiner Einrichtung geht an das Staatliche Materialprüfungsamt.